Vorsicht Falle – RA`in schlägt Ordnungswidrigkeit vor
Es ist gemeinhin bekannt, dass einige Rechtsanwälte, nicht immer Meinungen erster Güte in die Welt posaunen. Dass nun eine Rechtsanwältin aus Netphen (NRW) zu vorsätzlichen Ordnungswidrigkeiten aufruft, ist allerdings eher neu. Warum sie dieses tut, vermag ich nicht genau zu sagen. Offenbar möchte sie den Anschein wecken, dies zum Wohle ihrer rechtlich unkundigen Leserschaft zu tun. Doch in der Tat ist es nicht ganz so simpel, wie die gute Dame es in ihrem Beitrag beschreibt.
Vorab möchte ich den Sachverhalt zusammenfassen, um den es geht. Die Annahme ist, dass ein an sich stets braver Bürger völlig übermüdet, und daher mit rot unterlaufenen Augen, in eine Verkehrskontrolle gerät. Hier wird natürlich sofort durch die Polizei an Drogen gedacht und der brav mitgeführte Führerschein sichergestellt. Bis sich das eingeleitete Verfahren wegen des Verdachts der Fahruntüchtigkeit durch Drogen als unbegründet herausstellt, vergehen drei Monate. Drei Monate, in denen der brave Bürger nicht legal sein Kraftfahrzeug führen darf. Daher kommt nun der Tipp der Anwältin, den Führerschein erst gar nicht mit sich zu führen, da die Polizei diesen dann auch nicht sicherstellen kann.
Überspitzte Darstellung und offenkundige Abneigung gegen die Polizei
Ein Sachverhalt, der sich sicherlich tatsächlich so zugetragen haben kann, ist eher zu den seltenen Ausnahmen zu zählen, die sich gemeinhin nur alle 25 Jahre ereignen. Dies liegt daran, dass hier mehrere, an sich seltenen Gegebenheiten zusammenkommen müssen. Zum einen müsste jemand mit rot unterlaufenen Augen fahren, das heißt in der Tat sehr Müde sein und nicht nur dass, auch sehr lange gegen diese Müdigkeit gekämpft haben. Darüber hinaus müsste er genau an diesem Tag auch noch von der Polizei angehalten werden. Wenn diese beiden Dinge zusammenkommen, dass muss der brave Bürger auch noch auf einen Polizeibeamten treffen, der derart misstrauisch ist, dass er den Ausführungen der Müdigkeit eben nicht glaubt, sondern ein ihn selbst ausbremsendes, ewig andauerndes und mit viel Schreibarbeit verbundenes Prozedere durchführt, und den Angehaltenen wegen des Verdachts auf Drogen kontrolliert und alle Maßnahmen durchführt.
Die tatsächlichen Fälle, die sich so ereignen, dürften in den niedrigen Prozentregionen beheimatet sein, in denen noch eine Null vor dem Komma steht.
Darüber hinaus ist in dem Beitrag aus den Zeilen heraus zu lesen, dass sich die Autorin über das Verhalten der Polizei echauffiert und möglicherweise gar wütend schnaubend den Text verfasst hat. Anders ist der überspitzte Schreibstil nicht zu erklären. Da ist von einem „schönen“ Sicherstellungsprotokoll zu lesen, nur frage ich mich, was daran schön sein soll. Es ist halt geboten und nur richtig, dass der Betroffene eines erhält. Schön ist es in der Tat nicht. Darüber hinaus muss die Polizei Verdachtsmomente nicht „halbwegs“ logisch erklären, sondern einfach nur logisch bzw. schlüssig. Schließlich machte der Beamte auch nicht dass, was in „seiner Dienstvorschrift steht“, sondern eben jenes, was er für richtig hielt bzw. was nach seinem Ermessen in diesem Fall geboten war.
Vorsatz bei Ordnungswidrigkeiten teuer
Nehmen wir nun einmal an, dem Hinweis folgend führen demnächst etliche Bürger ihren Pkw ohne den Führerschein dabei zu haben. Dann wären das zunächst bei einer Kontrolle 10 EUR in die Landeskasse. Beim zweiten Anhalten jedoch, und die Anwältin geht ja davon aus, dass die Leute ständig angehalten werden, kann es mitunter schon teurer werden. Denn vorsätzlich begangene Ordnungswidrigkeiten können doppelt so teuer sein, da die Bußgeldvorschrift zunächst von fahrlässigem Verhalten der Betroffenen ausgeht. Hier wären es also 20 EUR. Selbst wenn der Betroffene nun nur einmal pro Jahr in eine Verkehrskontrolle gerät, müsste er in den 25 Jahren mindestens 250 EUR bezahlen, möglicherweise aber auch deutlich mehr.
Vielleicht sollten diejenigen, die den Führerschein nun zuhause im Safe einschließen, sich diese Summe noch einmal genau ansehen und dann überlegen, wie sie in Zukunft verfahren.
Ich warte noch auf einen Beitrag von einem Rechtsanwalt, in welchem darüber berichtet wird, die die Polizei einmal in ihrer Existenz einen Sachverhalt korrekt beurteilt und richtige Maßnahmen trifft. Denn leider werden wirklich immer nur die Leute angehalten und kontrolliert, die es nun wirklich nicht verdient haben. Noch nie aufgefallen sind, keinerlei Vorerkenntnisse haben und überhaupt gar nicht begreifen können, wie sie auf ihrem Weg von Spendengala zum ehrenamtlichen Suppe ausschenken angehalten werden können. Pfui Polizei, schämen sollst du dich!
Vielleicht sollte man sich mit der Thematik ein wenig näher beschäftigen: In der Region Südwestfalen landen bis zu 40 % der wegen Alkoholdelikten gezapften Bürger nicht vor dem Richter, sondern die Verfahren werden schlicht wegen Unschuld eingestellt. Diese Zahl „40%“ stammt aber auch nicht aus der anwaltlichen Erfahrung, sondern von der Kreispolizeibehörde Siegen selber. Das sind Unschuldige. Bei „etwas übermotivierten“ Beamten kann schon einmal der ganze Rattenschwanz über das Strafverfahren bis hin zum Jobverlust in dieser vor allem ländlich geprägten Region bei gleichzeitiger Unschuld passieren. Es mag sein, dass in anderen Regionen sich dies anders verhälr. Hier ist das nicht so. Deswegen ist dem Bericht uneingeschränkt zuzustimmen…… Leider. Ich würde mir wünschen, dass SIE mit Ihrer Kritik Recht hätten.
Hallo Klaus, zum einziehen des Führerscheins bedarf es dem Verdacht der Trunkenheit im Verkehr(316stgb), welche bei einem puste Test 1,1 Promille und mehr anzeigt. Sollte der bluttest später weniger anzeigen, dann lang das daran, dass der Körper in der Zeit zwischen Atem Test und Blutabnahme ausreichend Alkohol abgebaut hat. In dem Fall ist immernoch die Owi der Trunkenheit (24a stvg) erfüllt, da der gute Menschen ja immernoch besoffen war… So viel zum unschuldigen. Mit Alkohol am Steuer hat man auf der Straße nichts zu suchen!
Hallo Klaus,
natürlich stimme ich Ihnen zu, dass regionale Unterschiede immer eine Rolle spielen. Mir ging es in meinem Statement eigentlich auch nur darum ein wenig darauf hinzuweisen, dass die Beweggründe, die letztlich zu der Maßnahme führten, überhaupt nicht erörtert wurden. Und eben diese können schonmal wichtig sein, da gleiche Sachverhalte bei unterschiedlichen Erkenntnissen zu Personen eben auch anders gewertet werden können. Wer bereits zig mal wegen Diebstahls aufgefallen ist steht mitunter schneller im Verdacht, wenn er nahe an einem Tatort angetroffen wird, etwas entwendet zu haben, als jemand, der noch niemals zuvor deswegen aufgefallen ist. Ich hätte mir von einer Rechtsanwältin einfach gewünscht, dass sie neutraler schreibt, und nicht Klischees bedient.
Randnotiz: Viele Zugriffe auf den Artikel habe ich in den Statistiken gesehen, leider nimmt sich oft niemand die Zeit, ein kurzes Kommentar zu verfassen. Daher meinen herzlichen Dank für Ihr Kommentar, ein bisschen Konversation hat noch niemanden dümmer gemacht. MfG
„Wer bereits zig mal wegen Diebstahls aufgefallen ist steht mitunter schneller im Verdacht, wenn er nahe an einem Tatort angetroffen wird, etwas entwendet zu haben, als jemand, der noch niemals zuvor deswegen aufgefallen ist.“
Durch das juristische Staatsexamen kommen Sie mit einer derartigen Einstellung zur Unschuldsvermutung und zum Gleichbehandlungsgrundsatz nur in einem Unrechtsstaat – oder bei der Inquisition!
Stoppelbart = Krimineller
gutrasiert und grauer Nadelstreifenanzug im Zwölfzylinderauto = ehrenwerter Bürger
Warum führen Sie nicht gleich wieder die Hexenwaage ein?!
Hella
Aber was will man auch erwarten in einem „Staate“, in dem man seinen Dr. jur. UNGESTRAFT am Kopierautomaten machen kann …
Wer nur, bildet unsere „Juristen“ aus ??
Wo wird das enden?
Hella
Hallo Herr Ziege,
danke für Ihren Artikel, hat mir gezeigt, wie oberflächlich und viel zu schnell ich über manche Texte „fliege“. Im Freundeskreis haben wir noch gescherzt „Fahren ohne Mitführen des Führerscheins ist wohl doch besser…“. Das aber eine Rechtsanwaltskanzlei solch einen „Tipp“ veröffentlicht ist für mich dann doch eine unmögliche Sache. Die Darstellung des Sachverhalts liest sich am Anfang wie ein Märchen … Es war einmal…. Von einem kompetenten Rechtsanwalt erwarte ich sachliche, neutrale Darstellungen. Dank Ihrem Kommentar werde ich zukünftig wieder etwas kritischer und hinterfragender Beiträge lesen. MfG
Hallo Carola,
schön dass auch Sie einen Kommentar hinterlassen haben. Es ist ein schönes Gefühl, wenn Texte nicht nur von einem selbst gelesen werden 🙂
MfG
Lieber Herr Ziege,
ich danke Ihnen für Ihre – auch juristisch – abgewogene Replik auf den leider wohl erst gemeinten Blogbeitrag von RA´in Katharina Batz.
Hinzuzufügen ist vielleicht noch die klitzekleine Ergänzung, dass die Frau Anwältin sich mit ihrem Rechtsrat auf die Ebene einer Beteiligung an dem Verstoß gegen die Pflicht, den Führerschein beim Führen von Kraftfahrzeugen mitzuführen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Fahrerlaubnis-Verordnung) begibt.
Wie Sie richtig herausgearbeitet haben, liegt bereits bei der ersten Tat ein vorsätzlicher Verstoß vor, bei dem ein Verwarnungsgeld i.H.v. 20 Euro von einem Polizeibeamten vereinnahmt werden kann. Beruft sich der Betroffene auf Frau Rechtsanwältin als Ratgeberin, dürfte der Beamte eine Bußgeldanzeige gegen die Ratgeberin schreiben, weil sie nach § 14 Abs. 1 OWiG an dem Verkehrsverstoß des Fahrzeugführers als Ratgeberin beteiligt ist. Dazu bedarf es lediglich der Voraussetzung, dass der Fahrzeugführer ohne den Rat der Frau Anwältin seinen Führerschein mitgenommen hätte.
Sollte sich also ein Polizeibeamter dazu entschließen, einmal nachzufragen, warum der Führerschein nicht mitgeführt wurde und eine der 4.262 Personen, die den Blogbeitrag der Anwältin durch ein „Like“ goutiert haben, sich verplappert, dann kann die Lawine ihren Lauf nehmen …
Herzlich dankt Ihnen für Ihren ebenso abgewogenen wie amüsant zu lesenden Beitrag
Ihr
Dieter Müller
und entschädigt die Polizei oder Behörde für den drei Monate entzogener Führerschein des guten manns,falls er doch später unschuldig herausgestellt würde..??