Urheberrecht – Warum es doch wichtig ist
Seit geraumer Zeit gibt es kontroverse Diskussionen zum Thema Urheberrecht, besonders laut und energisch geführt in den neuen Medien und den Social Networks. Einige Kommentatoren vertreten die Meinung, dass es gänzlich abgeschafft werden soll. Ein prominenter, stets präsenter Vertreter ist Michael Seemann, auch bekannt als mspr0. Zur Begründung führt er an, dass er nicht glaubt, dass die Gesellschaft den Künstlern ein Geschäftsmodell schuldig sei und die vollständige Kontrolle des Informationsaustausches sowieso nicht gelingen könnte. Vertreter dieses Beispiels wischen womöglich auch nicht mehr Staub in der Wohnung, da kurz darauf ja doch wieder welcher auf der Kommode lungert.
Nun, eine Sichtweise dich ich persönlich so nicht teile. Weiterhin geht es auch nicht um die Schuldigkeit von Geschäftsmodellen, doch hier ist bereits der große Denkfehler erkennbar, den die meisten Kommentatoren machen. Sie reduzieren das Urheberrecht auf kommerzielle Interessen. Nur ist es eben doch etwas komplexer. Wenn z.B. msPr0 erklärt, dass schließlich auch eine Putzfrau keinen Lohn einklagen kann, wenn statt ihrer ein Putzroboter den Boden wischt, dann zeigt er leider, dass er von Leistungen und Produkten keinen Schimmer hat. Bei einer Putzfrau ist es nämlich so, dass sie Geld für das Produkt / Ergebnis „Sauberer Fussboden“ erhält. Nicht bezahlt wird ihr Aussehen, ihre Art den Schrubber zu schwingen, ob sie dabei singt oder nicht oder auch in welcher Zeit sie das Ergebnis erbringt. Es geht hier um einen sauberen Fussboden, und letztendlich die daraus resultierende Zufriedenheit des Kunden.
Bei Künstlern ist es so, dass eben gerade ihre Einzelleistungen zur Zufriedenheit des Kunden beitragen. Ich bin mir sicher dass es für viele einen Unterschied macht, ob Bruce Willis den Held in Stirb Langsam verkörpert oder Elijah Wood. Oder wie oft ertappe ich mich, dass mir Filme schon dadurch etwas weniger gefallen, weil die Synchronstimme eine andere als üblich ist. Auch das Produkt „Haus auf Hügel mit panierten Schnitzeln als Gardinen“ gefällt nur dann, wenn es auch der entsprechende Künstler ist, der es anfertigt. Man kann also feststellen, dass es bei Kunst schon darauf ankommt, wie sie gemacht wird und von wem. Und genau das ist die Leistung von Künstlern, um die es geht. Das sollte man immer anerkennen, und bereits dann wird man sich eingestehen müssen, dass Leistung eben auch einmal nur dann erbracht wird, wenn der Erbringer auch etwas davon hat und über sie bestimmen kann.
Viel interessanter ist jedoch der Umstand, dass das Urheberrecht nun nicht zwingend dazu da ist, Urhebern ein Einkommen zu verschaffen, sondern um Ihnen überhaupt erst einmal die Möglichkeit zu geben, über den Verbleib und den Umgang mit Ihren Produkten bestimmen zu können. Nicht immer müssen dies finanzielle Interessen sein. Oft genug kommt es vor, dass jemand eine schöne Fotografie von seiner Freundin anfertigt, oder sich selbst beim Musizieren aufnimmt. Möchte dieser jemand immer Geld verdienen? Wohl kaum. Die meisten Erzeugnisse die das Urheberrecht abdeckt sind völlig ohne kommerzielle Interessen, nicht jedoch ohne persönliche. Und genau diese Rechte und Freiheiten sollten jedem zugestanden werden. Es muss Mittel und Wege geben sich rechtsgültig Unterlassungsansprüche zu sichern, wenn ein bestimmtes Bild von einer bestimmten Person eben nur in vier bestimmten Fotoalben kleben soll, und nicht noch in Magazinen oder im Internet. Und nur der bloße Umstand, dass etwas technisch unmöglich sei, kann nicht dafür herhalten, dass es dann auch nicht weiter geregelt sein muss. Es ist ebenfalls nicht technisch möglich zu verhindern, dass Menschen nachts um vier mit lauter Musik ihre Mitmenschen hindern zu schlafen, doch es gibt eine Regel, die derlei verbietet. Und das ist gut so.
Die Aussage, dass es der Gesellschaft unterm Strich mehr nützt, möglichst unbehinderte Informationsflüsse zu haben, ist ignorant. Sie ignoriert die große Komplexität, die hinter alledem steckt. Die Frage, wieso gerade für Kunst und Kultur nicht gezahlt werden soll, für die Fahrt zum nächsten Bahnhof aber schon, bleibt unbeantwortet.
Bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte um das Urheberrecht entwickelt. Angepasst sollte es sicherlich werden, aber abgeschafft gehört es nicht.
Zum Thema:
Beitrag von mspr0 – Urheberrecht
Urheberrechtsgesetz
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[…] Urheberrecht – Warum es doch wichtig ist (26.03.2012, eigener Beitrag) […]